Wir können nur das geben, was wir selbst in uns tragen
von Dr. phil. Julia König
Erschienen im MITEINANDERSEIN 111 (Dezember 2025 bis Februar 2026)

Meine Eltern waren beide erst 16 Jahre alt, als dieser „Unfall“ geschah. Ein Kind war entstanden und auf dem Weg in die Welt. Beide waren mit dieser Situation heillos überfordert. Mein Vater zog sich schon vor meiner Geburt aus der Affäre. Meine leibliche Mutter stand dann alleine da, musste ihre Lehre abbrechen und sicherlich auf vieles verzichten. Doch nun war ich da – und wollte, wie jedes Kind, geliebt, gehalten und gesehen werden.
Oft habe ich mich gefragt, ob das der Grund für das Verhalten meiner leiblichen Mutter war. Vielleicht konnte sie mich deshalb nicht wirklich lieb haben und mir keine emotionale Nähe entgegenbringen. Vielleicht war sie deshalb immer so kalt und unnahbar und hat mich eher weggeschoben. Vielleicht hat sie deshalb so viel Unrecht zugelassen, das mir in den Folgejahren passiert ist. Vielleicht konnte sie deshalb nichts damit anfangen, als ich ab meinem zwölften Lebensjahr mit Depressionen und Suizidalität zu kämpfen hatte. Vielleicht konnte sie deshalb auch keine Rührung zeigen, als ich mit 14 anfing, Drogen zu nehmen, um mich von dieser Entfremdung abzulenken, und viel Alkohol zu trinken, um den tiefen Schmerz zu betäuben. Vielleicht war es ihr deshalb gleichgültig, dass ich schon mit 16 Jahren von zu Hause weggelaufen und nie wieder zurückgegangen bin.
Vielleicht. Vielleicht war ihr das alles auch einfach egal. Vielleicht konnte sie mir auch nicht mehr geben, weil sie selbst nicht mehr hatte. Und so bin ich als ganz junger Mensch in die Welt hinausgezogen – ohne Perspektive, ohne Schule, ohne Freunde, ohne Familie und ohne Hoffnung. Ich hatte nichts.
Mit 17 Jahren habe ich dann plötzlich und unerwartet diesen wunderbaren Menschen kennengelernt – einen Mann, der immer lieb zu mir war. Wir waren viele Jahre ein Paar, und das hat viel mit mir gemacht. Es hat mich stabilisiert, obwohl er es wirklich schwer mit mir hatte. Ich war so durcheinander, so entrückt, entfremdet. Doch das, was er mir geben konnte, hatte er von seiner eigenen Mutter.
Diese Frau hat mich wie ihr eigenes Kind aufgenommen. Auch wenn ich die Welt damals nicht verstanden habe, sehr bockig und wild war, ist sie mir immer mit Geduld und Liebe begegnet. Bis heute bin ich dieser Frau zutiefst dankbar. Sie ist meine Wahlmutter geworden.
Durch die Liebe dieser Frau habe ich es geschafft, eine Wiedereinschulung zu bekommen und mit 18 noch einmal zwei Jahre Abitur an einer Gesamtschule zu absolvieren. Dank dieser Frau und ihrer bedingungslosen Liebe hatte ich den Mut zu studieren. Dank dieser Frau, die immer an mich geglaubt hat, habe ich sogar gewagt zu promovieren – und das mit magna cum laude abgeschlossen. Diese Frau und ihre Liebe haben mein ganzes Leben verändert.
Jetzt ist es an der Zeit, das, was sie mir gegeben hat – was ich nun in mir trage – an andere weiterzugeben. Und das nicht nur an mein eigenes Kind oder meine Tiere, sondern an unendlich viele mehr.
Nicht nur aus der Theorie, sondern aus der gelebten Erfahrung weiß ich, dass bedingungslose Liebe der Schlüssel ist und alles in Heilung bringen kann.
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Dr. Julia König · Institut für Bewusstseinsentfaltung · wissenschaftl. fundierte Vorträge, Seminare und Beratung zur Zirbeldrüse, Körper-Geist-Verbindung, Buddhismus, Herzöffnung, Meditation · Erdmannstr. 3, 04229 Leipzig · info@drjuliakoenig.de · Tel. 0176 63456878 · www.institutbewusstseinsentfaltung.de